Pressemitteilung der Fraktionen MitBürger & Die PARTEI, DIE LINKE, Hauptsache Halle & FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Wiedereinrichtung eines städtischen Forstamtes

Blick aus der Vogelperspektive auf den Wald der Dölauer Heid. Vereinzelt mischen sich braune Stellen unter das Grün. Besonders die falchwurzelnden Nadelgehölze sind größtenteils abgestorben.

Etwa 1250 Hektar Fläche nimmt der hallesche Stadtwald ein. Seit 2001 wird er durch das Betreuungsforstamt Naumburg gepflegt. Von den Hallenserinnen und Hallensern als Erholungsort geschätzt und genutzt, spielt er eine ebenso wesentliche Rolle mit Blick auf den Klimaschutz.

Halle ist umgeben von Ackerflächen. Der hallesche Stadtwald fungiert wie eine Art Klimaanlage für unsere Stadt. Seit einigen Jahren setzen extreme Wetterereignisse wie lange Trockenperioden und Stürme dem Wald stark zu. Dazu kommt der steigende Schädlingsbefall. Versäumnisse bei der Pflege sowie der Waldverjüngung haben ihre Spuren hinterlassen. Diese Schäden im Stadtwald sind mittlerweile auch für Laien sichtbar. Ein Blick vom Kolkturm auf die Dölauer Heide im Frühjahr offenbart das Ausmaß der Zerstörung. Rundum fallen braune Flecken im Teppich aus Baumkronen ins Auge. Es ist offensichtlich: Unser Stadtwald braucht bessere Pflege.

Den ersten Anlauf diese Herausforderungen anzugehen startete der Stadtrat vor fast drei Jahren. Im März 2019 wurde die Stadtverwaltung beauftragt zu prüfen, ob die Aufgaben der Waldbewirtschaftung besser durch eine stadteigene Forstverwaltung erledigt werden können. Dabei sollten die Erfahrungen von Städten mit einem eigenen Forstamt wie etwa Leipzig einbezogen und dem Stadtrat bis zum dritten Quartal 2019 eine Abwägung dazu vorgelegt werden. „Nachdem die Abwägung dem Stadtrat auch im April 2021 noch nicht vorlag, haben wir dies zum Anlass genommen, einen Antrag für einen Grundsatzbeschluss zur Einrichtung eines städtischen Forstamtes zu stellen. Dies geschah in der Hoffnung der Angelegenheit etwas Dynamik zu verleihen, das Thema vertieft in den Fachausschüssen zu diskutieren und so eine Abwägung im Stadtrat durchzuführen“, erläutert Tom Wolter die Beweggründe seiner Fraktion, MitBürger & Die PARTEI, für den Antrag.

Im Verlauf der letzten sieben Monate wurde der Antrag intensiv beraten. Im Zuge dessen traten zwei weitere Stadtratsfraktionen dem Antrag bei.

Dazu führt Hendrik Lange, Stadtrat der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die Vorteile des städtischen Forstamtes aus: „Unsere halleschen Wälder sind teilweise in einem schlechten Zustand. Das liegt auch daran, dass der Klimawandel ihnen schwer zusetzt. Das Sterben von Bäumen ist aber kein Naturgesetz, sondern mit anderen Strukturen durchaus zu verhindern. Dabei kommen wir an einem städtischen Forstamt nicht vorbei, denn wir brauchen Expert*innen vor Ort, die unsere Wälder kennen und mit den Bürger*innen kommunizieren. Halle hat glücklicherweise viel Wald – jetzt brauchen wir auch die lokale Expertise.“

Dr. Sven Thomas, Stadtrat der Fraktion Hauptsache Halle & FREIE WÄHLER und Mitglied des Finanzausschusses, meint: „Die grüne Lunge unserer Stadt ist bedroht. Zuerst sind die Nadelbäume ‚verdurstet‘, jetzt ist die ganze Dölauer Heide ein Sanierungsfall. Das ist für die Umwelt katastrophal und für Besucher gefährlich. Höchste Zeit, in Halle umzudenken. Der Schutz der noch verbliebenen Waldgebiete muss eine ureigene Aufgabe der Stadt Halle sein.“

Im November dann stellte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag mit dem Ziel zusätzlich ein Leitbild für die halleschen Wälder zu erarbeiten und das Forstamt erst im Jahr 2024 einzurichten. Stadträtin Beate Thomann, zuständig für den Wald bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, liegt vor allem ein gemeinsam entwickeltes Leitbild für die Waldbewirtschaftung am Herzen: „Dieses Leitbild muss den unterschiedlichen Waldarten, die wir auf dem Stadtgebiet haben, gerecht werden und darf auch den Klimawandel nicht unberücksichtigt lassen. Mir ist es außerdem wichtig, dass wir dieses Leitbild gemeinsam mit den Beiräten, der Stadtverwaltung, den Fachleuten und auch den Bürger*innen entwickeln. Die Zeit dafür müssen wir uns nehmen und ich denke, wir haben sie auch. Diese Beteiligung sorgt für das nötige Verständnis und für die Akzeptanz dessen, was das Forstamt dann letztlich umsetzt.“

Im Ergebnis einigten sich die vier Fraktionen auf einen Kompromiss: Die Erarbeitung des Leitbildes wird als zusätzlicher Beschlusspunkt in den ursprünglichen Antrag übernommen und das Forstamt soll bereits ein Jahr früher als von den Grünen vorgeschlagen und damit 2023 eingerichtet werden.

In den Gesprächen unter den Fraktionen mussten selbstverständlich Kompromisse geschlossen werden. Doch profitiert ein interfraktioneller Antrag stets von einem weitaus größeren Reservoir an Wissen und Erfahrung. Der Antrag schafft in seiner jetzigen Fassung die nötigen Voraussetzungen für die Wiedereinrichtung des Forstamtes. Damit legen wir ein solides Fundament und wir geben uns die nötige Zeit, um den Prozess langfristig gut steuerbar zu machen.