Schulsozialarbeit ist wichtiger denn je

Temporärer Ausweichstandort der Sekundarschule am Fliederweg am Holzplatz 4

STATUS

beschlossen

Die Schulsozialarbeit ist ein eigenständiges Handlungsfeld der Jugendhilfe und eine präventive Maßnahme zur Vermeidung von Schulversagen und vorzeitigen Schulabbrüchen. In erster Linie erfasst sie schwierige Lebenssituationen von Schüler*innen und versucht diese zu verbessern. Der Anspruch ist, allen jungen Menschen eine selbstbestimmte und verantwortungsbewusste Teilhabe an der Gesellschaft zu eröffnen und Chancengleichheit zu ermöglichen. Schulsozialarbeiter*innen arbeiten dabei mit Lehrpersonen, Eltern, Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe und anderen Akteur*innen des Schul- und Lebensumfeldes zusammen.

In Halle verfügten im Jahr 2020 insgesamt 45 Allgemein- und Berufsbildende Schulen über Schulsozialarbeitsstellen. Wie man sich vorstellen kann, variieren die Problemlagen von Schule zu Schule. Es sind demnach stets spezielle Parameter, denen sich die Schulsozialarbeiter*innen vor Ort anpassen und auf die sie mit gezielten Konzepten reagieren müssen.

Ein konkretes Beispiel liefert die Sekundarschule „Am Fliederweg“. Etwa 90 Prozent der Schüler*innen leben in Haushalten, welche Sozialhilfe nach SGB II beziehen, sprich auf Hartz IV angewiesen sind. 7 Prozent der Schüler*innen leben in Jugendhilfeeinrichtungen außerhalb des Elternhauses. Um diesen Problemlagen und weiteren effektiv begegnen zu können, gibt es bislang 3 Vollzeitstellen an der Schule. Laut Planung der Stadtverwaltung sollen diese Stellen von 3 auf 2 gekürzt werden, obwohl sich am Bedarf nichts geändert hat.

Personelle Sparmaßnahmen im Bereich der Schulsozialarbeit wie diese ziehen weitreichende negative Konsequenzen für Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern nach sich. Verschlimmert wird diese Situation derzeit durch drei Aspekte. Erstens, der Mangel an Lehrer*innen ist akut. Viele Stellen sind nach wie vor unbesetzt. Trotz eines großangelegten Verfahrens zur Gewinnung neuer Lehrkräfte konnte dieser Missstand durch das Kultusministerium noch nicht beseitigt werden. Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Mangel Einfluss auf den zweiten Aspekt hatte, die neue Landesverordnung zur Schulentwicklungsplanung. Sie erschwert nämlich in erheblichem Maße die Neugründung von Schulen. Anstatt Schulen mit hohen Klassenstärken zu entlasten, werden die vorhandenen Strukturen überstrapaziert. Die individuelle Betreuung der Schüler*innen durch die Lehrerschaft wird folglich schlechter, und das nicht aufgrund pädagogischer, sondern struktureller Mängel. An dritter Stelle kommt das pandemische Geschehen zum Tragen, welches immer noch für einen erhöhten Organisations- und Administrationsbedarf im alltäglichen Schulbetrieb sorgt.

Finanzielle Mittel sind auf Landesebene ausreichend vorhanden. Eine fördernde Investition dieser Mittel in die Schulsozialarbeit ist jedoch nicht vorgesehen. Das Land will den Kommunen sogar zukünftig einen Eigenanteil von 20 Prozent bei der Finanzierung der Schulsozialarbeit aufbürden. In Halle entspricht das aktuellen Schätzungen zufolge einer Summe von etwa 500.000 Euro. Damit stellt das Land unsere Stadt vor eine schier unlösbare Aufgabe. Denn in einer bankrotten Kommune wie unserer ist es schon schwer ein Hundertstel dessen aufzubringen.

Ziel unseres Änderungsantrags ist es, den Teilplan Schulsozialarbeit für die Schuljahre 2022/23 bis 2024/25 zu überarbeiten. Wir wollen verhindern, dass Schulsozialarbeitsstellen wie an der Sekundarschule „Am Fliederweg“ gekürzt werden. Darüber hinaus setzen wir uns für Veränderungen bei der Bestimmung des schulischen Faktors ein. Er bestimmt, an welchen Schulen prioritär Angebote an Schulsozialarbeit einzurichten sind und bezieht sich dabei momentan noch auf die Anzahl an Schüler*innen, den Förderbedarf, die Nichtversetzungen und die Schulpflichtverletzungen.

UPDATE

Unserem Änderungsantrag wurde in der Stadtratssitzung am 23.02.22 mehrheitlich zugestimmt. Die so geänderte Beschlussvorlage zur Jugendhilfeplanung der Stadt Halle (Saale) – Teilplan Schulsozialarbeit für die Schuljahre 2022/23 bis 2024/25 wurde ebenso beschlossen. Leider ist dies nur ein Teilerfolg. Eine finale Entscheidung, ob es u.a. zu Stellenkürzungen kommen wird oder nicht, steht zu diesem Zeitpunkt noch aus. Aus diesem Grund ist unsere Fraktion der Resolution “Schulsozialarbeit stärken – Kommunen entlasten” beigetreten. Diese wurde den Abgeordneten der Landesregierung Sachsen-Anhalt am 25.03.22 überreicht

Diese Initiative auf dem Bürgerinfoportal der Stadt Halle (Saale) einsehen